Der Staat weckt unterschiedlichste Erwartungen: Er soll für soziale Gerechtigkeit, sichere Renten und ein gutes Gesundheitssystem sorgen, gegen Nazis vorgehen und die Finanzmärkte bändigen. Zugleich bekommen die Menschen aber auch täglich seine Gewalt zu spüren, sei es bei Demonstrationen, in der Schule oder auf Ämtern und Behörden.
Nicht zuletzt anlässlich der Kämpfe zum 1. Mai und der Mobilisierung zu den G20-Protesten wird dabei deutlich: Innerhalb der Linken gehen die Interpretationen über den Staat weit auseinander. Für die einen ist er Garant des Allgemeinwohls, anderen gilt er als das Instrument der kapitalistischen Klassenherrschaft und wieder andere sehen in ihm das Terrain sozialer Kämpfe.
Mit der Veranstaltung wird eine Einführung in die verschiedenen Ansätze materialistischer Staatstheorie skizziert. Dabei werden die zentralen Thesen marxistischer Theorie zum Begriff des Staates präsentiert: die instrumentelle Staatstheorie bei Lenin (Staat als Instrument der herrschenden Klasse), hegemonietheoretische Analysen des Staates bei Gramsci, Althusser und Poulantzas (Staat als materielle Verdichtung von Kräfteverhältnissen) sowie die Überlegungen von Paschukanis über das Verhältnis von Warenform, Rechtsform und Staatsform und die daran anknüpfende Staatsableitungsdebatte.
Schließlich soll es einen kleinen Ausblick geben über aktuelle Herausforderungen einer emanzipatorischen Kritik der kapitalistischen Verhältnisse und ihrer staatlichen Vermittlung.
Moritz Zeiler hat Geschichte und Politikwissenschaft studiert. Er ist Mitherausgeber von “Staatsfragen. Einführungen in die materialistische Staatskritik (Berlin 2009)”. Demnächst erscheint in der Reihe theorie.org “Materialistische Staatskritik. Eine Einführung (Stuttgart 2017)”.